Am 23. April veranstaltete der World Green Building Council ein ThinkTank-Webinar zum Thema Kreislaufwirtschaft in Form eines live gestreamten Seminars. Einer der Referenten des Webinars war Trond Simonsen von Entra ASA (Immobilienunternehmen), der derzeit an einem ehrgeizigen Pilotprojekt arbeitet, bei dem die Kristian-Augusts-Straße 13 in Oslo (KA13) unter Verwendung eines großen Anteils an recycelten Materialien renoviert wird. Neben Vorträgen über den neuen EU-Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft wurde die KA13 als konkretes Beispiel für eine nachhaltige Alternative zu Abriss und Bau mit neuen Materialien vorgestellt.
Trond Simonsen, Leiter der Umweltabteilung von Entra ASA, sagt, dass das Unternehmen ein Vorbild sein möchte, wenn es um umweltfreundliche Lösungen geht. Es habe eine soziale Verantwortung die Auswirkungen der Bau- und Immobilienbranche auf die Umwelt zu beeinflussen. Um das Ziel von mehr als 50 % recycelten Materialien zu erreichen, mussten alle Beteiligten unkonventionell denken und alternative Lösungen für die verfügbaren Ressourcen finden. Dies gilt für die Architekt:innen, die Bauingenieur:innen und die Generalunternehmen ebenso wie für die Mieter:innen des Gebäudes, die ein einzigartiges Konzept wünschten und die Möglichkeit hatten, sich aktiv am Gestaltungsprozess zu beteiligen.
Neben der lokalen Wiederverwendung bereits vorhandener Elemente im Gebäude wurden auch eine Reihe von externen Bauprodukten und -materialien verwendet. Bei der digitalen Baustellenbesichtigung von FutureBuilt in KA 13 am 14. Mai 2020 wurden einige Lösungen im Gebäude vorgestellt. Håvar Haugen Espelid, Projektleiter bei Entra, erklärt, dass alle wiederverwendeten Stahl- und Betonmaterialien von SINTEF analysiert und dokumentiert wurden und dass man ansonsten Berater:innen hinzugezogen hat, die die Kapazitäten berechnet und die Bauelemente gemäß den technischen Vorschriften getestet haben. Eines der vielen Beispiele für wiederverwendete Materialien sind die Hohlkörperplatten aus dem Regierungsviertel, die in den Plänen 5 bis 8 des KA 13-Gebäudes eingebaut wurden. Diese wurden auf ihre technischen Eigenschaften und die Abwesenheit von Umweltgiften nach den heutigen Anforderungen geprüft und dokumentiert.
Auch eine Ziegelmauer, die aus Ziegeln verschiedener Gebäude besteht, wurde errichtet. Das Material wurde ebenfalls von SINTEF getestet, um relevante technische Eigenschaften zu finden, die den heutigen TEK-Anforderungen entsprechen. Da die Wand an das Nachbargebäude angrenzt und auch keine Außenfassade ist, war es nicht notwendig, die thermischen Eigenschaften des Materials zu testen, obwohl die Ziegel von so hoher Qualität waren, dass sie die Anforderungen wahrscheinlich erfüllt hätten.
Foto: FutureBuilt: Kristian Augusts gate 13 byggeplassbefaring (YouTube)
Außerdem wurden auf vier Etagen wiederverwendete Fenster eingebaut, die von Resirqel aus Kvaernerbyen bezogen wurden. Die Fenster waren von hoher Qualität, aber ihr U-Wert entsprach nicht dem heutigen Standard, da sie etwas zu viel Wärme von außen durchlassen. Die Fenster konnten daher nicht in jedem Stockwerk eingebaut werden, sondern wurden in vier Stockwerken verwendet, wo diese Eigenschaft die Qualität der Räume nicht beeinträchtigte.
Während die Verwendung der Materialien an die dokumentierten Eigenschaften angepasst werden muss, muss auch die Gestaltung des Gebäudes an die verfügbaren Materialien angepasst werden. Daher ist es wichtig beim Bauen mit wiederverwendeten Materialien über den Tellerrand zu schauen und neue Lösungen zu finden. So wurde zum Beispiel die Schalldämmung zwischen den Stockwerken in KA 13 durch die Verwendung großer Mengen alter Deckenplatten gelöst, die nicht recycelt werden können und sonst direkt auf der Mülldeponie gelandet wären. Wenn man eine Reihe verschiedener Elemente aus vielen verschiedenen Gebäuden verwendet, kann das Designergebnis ziemlich einzigartig werden. Bei KA 13 zeigt sich dies zum Beispiel in der Kombination aus modernen Elementen und der ursprünglichen Inneneinrichtung des Gebäudes aus den 50er Jahren. Ebenso wie die unverwechselbare Komposition von Fliesen in verschiedenen Farben und Formen in den Nassräumen.
Da es sich bei dem Projekt um das erste umfassende Nachnutzungsprojekt in Norwegen handelt, ist es ein Lernprozess sowohl für die Projektentwickler:innen als auch für alle anderen beteiligten Akteure. KA 13 ist ein laufendes Projekt, dessen Ergebnis ein Gebäudepass sein wird, der Informationen über den Materialverbrauch, den Kohlenstoff-Fußabdruck und die finanziellen Kosten enthalten wird. Sowohl die zeitlichen als auch die finanziellen Kosten, die mit einem solch ehrgeizigen Pilotprojekt verbunden sind, werden genutzt, um Routinen und Erfahrungen zu schaffen, die Entra anschließend mit dem Rest der Branche teilen kann. KA13 ist ein Beispiel, das uns zeigt, dass Wiederverwendung in der Praxis möglich ist. Es muss den Weg in die Bauindustrie finden, um kosteneffizientere Lösungen für zukünftige Wiederverwendungsprojekte zu finden.
Wir haben SINTEF in Anspruch genommen, wenn wir Unterlagen über die Eigenschaften von z. B. Stahl und Beton benötigten, die auf andere Weise als durch gründliche Analysen nicht zu beschaffen sind. Ansonsten haben wir auf Berater:innen zurückgegriffen, die die Kapazitäten berechnet und die Bauelemente gemäß den technischen Vorschriften geprüft haben.
Håvar Haugen Espelid (Projektmanager | Entra ASA)
Illustration: https://www.entra.no/projects/kristian-augusts-gate-13/195