Der diesjährige Zukunft Bau Kongress fand unter dem Titel „Bauwende: klimabewusst erhalten, erneuern, bauen.“ statt. Organisiert wurde der Kongress von dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) zusammen mit dem deutschen Bundesbauministerium (BMI). Zwei Tage lang gab es spannende Vorträge und Diskussionen zu dem Thema Bauwende. Dabei waren Expert:innen der Forschung, Baupraxis und Wissenschaft.
Es gibt viele verschiedene Herangehensweisen an die Problematik, die Lothar Fehn Krestas (BMI) im Schlusswort versucht zusammenzufassen:
Wir stehen am Anfang einer großen Herausforderung. Akteure aus Praxis, Forschung und Wissenschaft müssen eng zusammenarbeiten, um Lösungsansätze wirklich in die Tat umzusetzen. Wir müssen sowohl ein anderes Wirtschaftlichkeitsverständnis aufbauen als auch ein damit einhergehendes neues Risikobewusstsein. Der Lebenszyklus von Gebäuden und Materialien sollte im Mittelpunkt stehen.
Zu wenige Gesetze?
Hoch sind die Erwartungen an die Bauminister:innen der Länder, die genau zur gleichen Zeit tagen. Ein neuer rechtlicher Rahmen für das Gelingen einer Bauwende ist dringend notwendig.
Univ.-Prof. Annette Hillebrandt (BU Wuppertal) merkt am Freitag in einem impulsiven Vortrag an, dass eigentlich schon alle Rahmenbedingungen in bestehenden Gesetzen verankert sind.
In der EU-Bauproduktenverordnung steht geschrieben, dass Bauwerke so konzipiert werden müssen, dass natürliche Ressourcen nachhaltig genutzt werden:
"Nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen
Das Bauwerk muss derart entworfen errichtet und abgerissen werden, dass die natürlichen Ressourcen nachhaltig genutzt werden und insbesondere Folgendes gewährleitet ist:
a) das Bauwerk, seine Baustoffe und Teile müssen nach dem Abriss wiederverwendet oder recycelt werden können;
b) das Bauwerk muss dauerhaft sein
c) für das Bauwerk müssen umweltverträgliche Rohstoffe und Sekundärbaustoffe verwendet werden."
EU-Bauproduktenverordnung (EU-BauPVO) Anhang I Punkt 7
Ebenfalls beruft sich Hillebrandt auf das Kreislaufwirtschaftsgesetz Teil 3, §§24 und 25 in welchem die Kreislauffähigkeit von Materialien vorgeschrieben wird:
§24 Die Bundesregierung ist ermächtigt zu bestimmen, dass bestimmte Produkte nur in Verkehr gebracht werden dürfen, wenn sie die "mehrfach Verwendung oder Verwertung" und eine "technische Langlebigkeit und Reparierfähigkeit" erleichtern
Außerdem, dass bestimmte Erzeugnisse nicht in Verkehr gebracht werden dürfen, wenn nach ihrem Gebrauch Schadstoffe freigesetzt werden oder wenn in erheblichem Umfang zur Vermüllung der Umwelt beitragen
§25 Die Bundesregierung ist ermächtigt zu bestimmen, dass Hersteller:innen oder Vertreiber:innen bestimmte Erzeugnisse nur in Verkehr bringen dürfen, wenn eine flächendeckende Rückgabemöglichkeit besteht, Rücknahmesysteme bestehen oder sie sie nach Gebrauch selbst zurücknehmen.
Würde die Baubranche sich an alle Regelungen halten, sähe die gebaute Praxis schon ganz anders aus, betont Hillebrandt immer wieder.
Gebaute Praxis:
Die traurige Wahrheit ist, dass immer noch zu viele Materialien ganzer Gebäude auf der Deponie landen, Neubau immer noch dem Bestand vorgezogen wird und die Sanierungsrate dadurch noch immer bei um die 1,9% liegt.
Der Kongress motiviert dennoch: Kreislaufgerechtes Bauen ist möglich und macht sogar richtig Spaß. Das zeigen zum Beispiel diese Projekte:
Das NEST, welches ein modulares Forschungs- und Innovationsgebäude der Empa und der Eawag in der Schweiz ist. In nur 10 Monaten ist ein Umbau mit größtenteils wiederverwendeten Materialien gelungen.
Auch Sanierung des Kleiburg-Blocks in Amsterdam durch das Architekturbüro NL Architects und XVW architectuur zeigt, wie man ein Bestandsgebäude an neuen Wohnverhältnisse anpasst.
Das ist nur ein kleiner Einblick in die interessanten Vorträge des Kongresses. Für die, die es verpasst haben - auf Zukunft Bau: 2021 werden bald alle Mitschnitte hochgeladen.
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